Donnerstag, 30. Juli 2009

Konstanz


Gott liebt mich und den Nächsten.
Ich liebe Gott und den Nächsten.
Diakonie: Ich konzentriere mich mit Gott zusammen auf den Nächsten.
Spiritualität: Ich konzentriere mich (mit dem Nächsten zusammen) auf Gott.
Es ist künstlich eine einsame Spiritualität zu leben, obschon die Einsamkeit (die in der Spiritualität eine Zweisamkeit mit Gott sein muss) auch sein muss.

In Konstanz gibt es einen Lutherplatz, eine Lutherkirche (Gott ist die Liebe, Gott ist ein Geist - 1. Johannes 4,16 und Johannes 4,24) und eine Hussenstrasse. Das Münster ist röm. katholisch mit den üblichen Altären und Bildern (von Pelagius, einem Märtyrer, soll hier das Grab sein, Patron von Konstanz, Reliquienverehrung). Gibt es hier ein versöhntes Zusammenleben der Konfessionen?
Im Münster erhalte ich den ersten Pilgerstempel. Die Frau am Stand ist sehr hilfbereeit und zeigt mir den Weg zum Altar des heiligen Jakobus im Kreuzgang.

Gebet
Ich danke Dir dreieiniger Gott, Vater Sohn und Heiliger Geist, dass ich auf diesen Weg gehen darf. Ich möchte dich da ehren, möchte von dir lernen. Schenk mir ein offenes Herz, offene Sinne - für das Wesentliche. Amen

Der Ratschlag der Münsterfrau, den Seitenausgang zu benützen, war genau richtig. Ich trete aus dem Münster in eine Seitengasse in der ganz wenige Menschen sind. Beim Haupteingang ist der übliche Touristenrummel: Eine Solothurnerin sagt zu ihrem Mann: "Ist noch ein herziges Städtchen.". Die erste Wegstrecke führt durch die Hussenstrasse zum Hus-Haus beim Schnetztor. In diesem Haus ist ein kleines Museum (Gratiseintritt) über das Leben und Sterben von Jan Hus eingerichtet. Ich stehe etwas ehrfürchtig in der Kammer, in der Jan Hus vor 600 Jahren während dem Konzil zu Konstanz wohnte und arbeitete. Hus forderte beispielsweise die freie Verkündigung des Wortes Gottes, das Abendmahl in beiderlei Gestalt auch für Laien, die Aufhebung der weltlichen herrschaft der Kirche, die Gleichheit der kirchlichen Personen und Laien bei der Bestrafung der Todsünden. Für solche, in den Augen der röm. katholischen Kirche, Irrlehren, wurde er zum Tode verurteilt.

Nun bin ich auf dem Schwabenweg - so heisst hier der Jakobsweg. Sehr gut ausgeschildert verlasse ich die Stadt. An den Fabrikgebäuden der Mowag (Militärlastwagen und Feuerwehrautos) vorbei ins Grüne.
Ich bin dankbar, dass ich gehen kann, dass ich mich bewegen kann - ohne grosse Behinderung. Ich liebe es, so Entdeckungen machen zu dürfen. Unerwartet taucht immer wieder etwas Neues auf. Das ist ein Stück Freiheit!

Kurz nach Kreuzlingen beginnt ein Passionsweg mit 13 Stationen des Leidensweges Christi. Die erste Tafel zeigt Jesus, wie er zum Tode veruteilt wird. Dann kommen auch fiktive Stationen wie die Begegnung mit der Heiligen Veronika oder die dreimalige Zusammenbrechung unter dem Kreuz. Sicher ist Jesus unter dieser Last zuammengebrochen. Sein Leiden musste unsäglich sein. Und führte hinauf nach Golgatha zum Tod am Kreuz. Der WEg führt auch hinauf. Aber mich stechen nur Mücken. So sehe ich diese Darstellung der Passion Christi als eine echte Ermutigung für die Pilger.

Es gibt mir ein Geborgenheitsgefühl auf dem gleichen Weg zu sein, wie unzählig Andere - mit gleichen, ähnlichen oder auch anderen An- und Einsichten.
Es gibt eine Verbundenheit der Pilger. Mir scheint auch, dass Konstanz verbindend, ja versöhnend wirkt zwischen den verschiedenen Christen.

Der Duft von trocknendem Holz am Wegrand - wie eine Bauernstube im Sommer. Auch Pferde rieche ich ohne sie zu sehen.

Diese Thurgauer Landschaft. Überall Bauern auf dem Feld meim Heuwenden. Diese Landschaft weckt in mir Erinnerungen an meine Kindheit. Ich musste einmal auf einen Hof von Bekannten meiner Eltern, um da Ferien zu verbringen. Dort hatte es viele Kinder. Die waren nicht meine Freunde. Und auch die Erswachsenen gingen hart und lachend mit mir um: Wahrscheinlich haben die gedacht, ich sei so ein Schnösel aus der Stsdt der keine Ahnung hat. Ich hatte Angst: Vor Bauern, der Landwirtschaft, dieser Lebensweise, die einfach arbeiten hiess, rentieren, wissen wie mann's handhabt - niemand versuchte mich einzuführen, erklärte mir irgendwas oder zeigte mir etwas, das ich hätte lernen können. Jetzt rechne ich ab mit dieser Landschaft, versöhne mich mit ihr: Ich sehe den Bauer, der am Jakobsweg eine Compostela-Bar eingerichtet hat: "feiner Espresso". Ich sehe die vielen Höfe mit Trampolin, Planschbecken und Kinderzeichnungen. Da hat sich was geändert. Und meine Angst ist einer Liebe gewichen für diese Menschen - sie sind so wichtig und wertvoll.

Auf dem Weg bin ich keinem Pilger begegnet. Überhaupt hat es an diesem heissen Sommertag kaum Menschen auf der Strasse.
Der Weg war angenehm, abwechslungsweise über Feld und durch den Wald. Nur meine Blasen an den Füssen machten mir zu schaffen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen